Kingdom Come Deliverance

Getestetes System: Playstation 4
Weitere Systeme: -
Kategorie: Rollenspiel
VÖ: März 2018
Entwicklungsstudio: Warhorse
Publisher: Deep Silver
Alterseinstufung: 16+
   
Test von: Hermann
Version: (D)
Spracheinstellung: Deutsch


Beschreibung

Nach dem Tode Karls IV., streiten sich seine Nachkommen Sigismund und Wenzel, genannt der Faule, um das Land. In diesen Konflikt wird Heinrich, der einfache Sohn eines Schmiedes, hineingezogen.

Nach dem tragischen Überfall und der Plünderung seiner Heimatstadt durch die Truppen Sigismunds, zieht der Junge los um ein Versprechen einzuhalten und schlußendlich Rache zu üben.


Grafik ( 8 / 10 ):

Auf den ersten Blick sieht die Welt einfach nur großartig aus. Städte und Dörfer wirken sehr belebt und glaubhaft, auch auf dem Land und in den Wäldern fühlt der Spieler sich ins 15. Jahrhunderts zurückversetzt. Selbst einfache Schlammpfade sehen mit ihren vielen Furchen und einzelnen Steinchen sehr echt und realistisch aus und nicht so künstlich und berechnet wie man es aus vielen Spielen gewohnt ist.

Auf den zweiten Blick fallen jedoch viele Kleinigkeiten auf. Einige Elemente der Welt materialisieren sich erst kurz vor dem Spieler aus dem Nichts, egal ob es sich um Bäume, Straßenpfosten oder andere Dinge handelt. Es kann sogar passieren daß Feldarbeiter fleißige Bewegungen in der Luft machen, einige Schritte näher haben sie dann auf einmal ein Werkzeug in der Hand, noch etwas näher dann eine Mütze auf oder eine andere Bekleidung an. In ganz extremen Fällen fehlen schon mal Köpfe oder ganze Gebäudeteile.

Das betrifft leider auch die Texturen, viele Gebäude sehen auf die Entfernung einfach nur häßlich aus. Eine Burg hat dann eine graubraune einfarbige Fläche als Mauer, wenige Schritte vor ihr, erscheint dann eine Mauertextur.

Das ist zwar alles nicht wirklich schlimm, stört aber den Gesamteindruck. Und der ist eigentlich wirklich gut. Selten schaffte es ein Spiel eine mittelalterliche Welt so realistisch darzustellen. In den Dörfern gehen die Handwerker ihrer Arbeit nach oder sitzen abends in der Schänke. Beim Schlafengehen wird die normale Kleidung gegen ein Nachthemd eingetauscht.

Viele dieser Kleinigkeiten erfüllen die Spielwelt mit Leben. Diese ist groß genug geworden daß sich der Spieler frei in seiner Bewegung fühlt, ohne jedoch trostlos und leer zu wirken. Innerhalb kurzen Abständen wechseln sich Dörfer, Höfe und Städte ab, unterbrochen von Wiesen und Wäldern. Kleine und größere Bachläufe suchen sich ihren Weg durch die Landschaft und sind von Mühlen und kleinen Weilern gesäumt.


Sound & Musik ( 7 / 10 ):

Auch hier machen die technischen Schwächen den Gesamteindruck um einiges schwächer als es das Spiel verdient hätte. Während die guten deutschen Sprecher den Charakteren Tiefe verleihen, bewegen ihre digitalen Alter Egos den Mund völlig asynchron wie mechanische Puppen und machen dabei die vorzügliche Arbeit der Sprecher und Texter kaputt. Das die Untertitel teilweise andere Texte zeigen als gesprochen werden, paßt zum maroden technischen Gesamteindruck.

Öfters sind die Stimmen auch nur noch sehr leise zu hören, oder gleich überhaupt nicht mehr. Eine Videosequenz wechselte im Spiel kurz auf die englischen Sprecher. Auch diese Probleme zeugen von der schlechten technischen Qualität.

Untermalt wird das Spiel durch wunderschöne mittelalterliche Begleit und Hintergrundmusik, die viel zur guten Atmosphäre beiträgt. Aber auch wenn keine Musik zu hören ist, sind die Lautsprecher nicht stumm. Genauso belebt wie die Straßen und Plätze aussehen, klingen sie auch. Personen unterhalten sich und Händler preisen ihre Waren an. Handwerker stellen geräuschvoll ihre Waren her. Auch auf dem Land herrscht Abwechslung, Kühe und Schweine machen sich bemerkbar während Flüsse leise vor sich hinplätschern.


Singleplayer ( 6 / 10 ):

Ganz beschaulich geht das Spiel dann auch los. Der junge Heinrich erledigt erste kleine Aufgaben und Botengänge in seinem Heimatort. Dabei werden dem Spieler nach und nach die Spielmechanismen beigebracht. Und davon gibt es sehr viele, das Spiel strotz nur so von Details.

So muß Heinrich regelmäßig Essen, da sonst seine Ausdauer leidet oder er gar verhungert. Stopft er jedoch zu viel in sich hinein, wird er faul und träge. Auch mangelnder Schlaf wirkt sich auf seine Leistungsfähigkeit aus.

Ohne Ausdauer fällt das Kämpfen schwerer, da sowohl Blocken als auch Angriffe diese verbrauchen. Um im Kampf erfolgreich zu sein, muß man aber in der Lage sein mehrere Angriffe in Reihe zu schaffen, am besten kombiniert mit Finten. Und dafür braucht es einen hohen Ausdauerwert. All das bekommt Heinrich auch schon bei einer ersten Prügelei beigebracht.

Nach dem etwas einstündigen Tutorial, was aus mehreren kleinen Aufgaben besteht und dabei die Vorgeschichte erzählt, wird das Städtchen von der Truppen Sigismunds überfallen. Nach einer actiongeladenen Flucht läßt sich die Welt dann auch frei erkunden.

Und zu Sehen und Erledigen gibt es vieles. Zahlreiche Nebenmissionen gibt es zu erfüllen. Sei es Streit zu schlichten, verlorene Dinge einzusammeln oder auch um hübsche Frauen werben.

Wer von den zahlreichen Aufgaben nicht genug bekommt, kann noch seine Fähigkeiten verbessern. Dies geschieht hauptsächlich durch das Anwenden dieser. Wer viel mit dem Bogen kämpft, wird automatisch besser. Alternativ kann Heinrich aber auch einen Schießplatz aufsuchen und dort trainieren. Oder er macht es sich noch einfacher und sucht einen Trainer auf, der sein Talent gegen Geld verbessert.

Neben den Kampf, gibt es auch Fähigkeiten die im Alltag helfen. Mit Alchemie können Tränke gebraut werden, Heinrich kann lernen seine Waffen selbst zu reparieren oder er verbessert sich in körperlichen Eigenschaften wie Stärke und Vitalität. Je nach Spielweise gibt es sehr viele Talente zu lernen und sich darin zu Spezialisieren.

Wer dabei keine Zeit opfern will, kommt aber auch so gut voran. Bei den zahlreichen Quests verbessern sich viele Talente nebenher. Viele davon braucht man nicht unbedingt erlernen, da es auch immer Handwerker oder Händler gibt die gegen wenige Groschen aushelfen. So ist der Spieler nicht auf eine Spielweise festgelegt.

Leider erkauft sich das Spiel diese Vielfalt und Komplexität durch einige Designschwächen und vor allem durch Programmierfehler.

Die nervigste Schwäche ist das Speichersystem, denn freies Speichern gibt es nicht. Gespeichert wird nur beim Schlafen in einem Bett. Und dabei zählt auch nicht jedes Bett das Heinrich findet. Alternativ kann der Spieler einen Retterschnaps trinken, dieser kostet aber ein Vermögen und ist eigentlich nur in Notfällen sinnvoll. Auch wird das Spiel beim Starten mancher Quests gespeichert, aber nicht beim Beenden dieser.

Das führt dazu daß der Spieler bei einem unerwarteten Tod, wie zum Beispiel wenn er in einen Hinterhalt von Banditen kommt, im schlimmsten Fall eine Stunde oder mehr Spielzeit wiederholen muß. Gerade wer fleißig die Welt erkundet, verliert dann nicht nur Zeit sonder muß auch alle Gespräche wiederholen die er geführt hat und alle Orte noch einmal aufsuchen.

Absolut sträflich ist, daß beim Beenden nicht automatisch gespeichert wird. Wer nicht stundenlang am Stück spielen kann, braucht entweder ein Vermögen für Retterschnaps oder muß andauernd zum Schlafen gehen. Allerdings kann Heinrich nicht schlafen wenn er nur kurz wach war womit der Spieler neben der Reise zu einem Bett dann oft noch die Wartefunktion bemühen muß.

Und diese ist genauso wie die automatische Schnellreise, leider ziemlich lahm. Wer wartet muß einem Uhrzeiger zusehen wie er sich im Schneckentempo über den Bildschirm bewegt. Ähnliches gilt für die Schnellreise, ein behäbiges stilisiertes Männchen kriecht über eine schön gemalte Weltkarte.

Richtig übel wird das Speichersystem durch die ganzen Fehler. Wer an einer Stelle eine Quest nicht abgeben kann, muß dann teilweise Stunden an Spielzeit wiederholen in der Hoffnung daß nach dem Neustart alles funktioniert. Und das ist leider nicht immer der Fall, manchmal muß man auch mehrere Spielstände zurückgehen.

Unter Umständen kann das Spiel sogar durch Fehler nicht fortgesetzt werden. Die meisten Bugs fallen aber zum Glück nur unter die Kategorie nervig oder frustrierende Zeitverschwendung.

Und gerade die unnötigen Widerholungen zerstören die schön angelegt Geschichte die um den jungen Heinrich erzählt wird. Im Gegensatz zu anderen Spielen ist er weder ein Held, noch reich oder von Adel. Er ist ein ganz normaler Junge, der durch einen Schicksalsschlag aus seinem einfachen Leben gerissen wird.

Dabei kreuzen sich seine Wege auch immer wieder mit seinen Freunden und neuen Mitstreitern oder Konkurrenten. Die Nebenmissionen beeinflussen zwar die Hauptgeschichte wenig, vertiefen aber oft die Beziehung von Heinrich zu diesen Personen oder erzählen vom Leid der einfachen Personen am Rande des Konfliktes zweier adliger Brüder.

Dabei stört es dann auch nicht, wenn manche Nebenmissionen komplett ohne Folgen oder Auswirkungen auf die Welt bleiben. Selbst nach intimen Erlebnissen oder persönlichen Streitereien, reagieren die Personen nach Abschluß der Mission so als ob nie etwas gewesen wäre. Aber das fällt nur in seltenen Fällen auf, so zum Beispiel wenn Heinrich sich im Streit von jemanden trennt worauf der in wegjagt. Keine zwei Sekunden später handelt oder redet die Personen aber wieder ganz normal mit dem Spieler.

Einige Aufgaben sind leider unnötig schwer, da die Führung des Spielers nicht genau genug ist. An einer Stelle soll Heinrich etwas im Herbarium nachsehen um eine Heilpflanze zu identifizieren. Wo er aber das Buch findet wird weder durch einen Questmarker noch einen Text erläutert. Da das Buch im gleichen Raum leicht zu übersehen ist, kann der Spieler nur hoffen es zufällig im Laufe des Spieles zu finden. Leider treten solche Fälle nicht selten auf, oft ist aus der Beschreibung der Quest nicht klar was und wo Heinrich etwas machen soll.

Auch wirken viele Fähigkeiten die Heinrich erlernen kann, nicht besonders ausbalanciert. Zu Spielbeginn kann man sie noch nicht erlernen, im späteren Verlauf sind sie aber nicht mehr wichtig. Ein Beispiel dafür ist eine Fähigkeit daß Dietriche nicht mehr so leicht zerbrechen können. Da zu Spielbeginn noch Mangel an Geld herrscht und Heinrich sich beim Schlösserknacken viel zu ungeschickt anstellt, sind Dietriche immer Mangelware. Durch fleißiges Üben bekommt der Spieler irgendwann eine Zusatzfähigkeit zur Auswahl, die Dietriche haltbarer macht. Durch die Übung die man bis dahin im Schlösserknacken hat, brechen die Dietriche aber kaum noch ab. Zudem hat man dann schon ein ganzes Lager an Dietrichen zusammengesammelt und könnte es ohne Probleme verschmerzen falls mal einer abbricht.


Multiplayer ( - / 10 ):

Nicht vorhanden.


Fazit:

Kingdom Come Deliverance steht sich selber im Weg. Das Spiel glänzt mit viel Liebe zum Detail und verführt den Spieler mit einer interessanten Geschichte in einer glaubhaften Welt im Mittelalter. An jeder Ecke gibt es etwas Interessantes zu hören oder zu sehen. Und bevor man es sich versieht ist wieder eine Stunde vorbei.

Aufhören will man eigentlich nur wenn einer der zahlreichen Bugs den Spielspaß versaut. Und zahlreich bedeutet wirklich in Massen. Neben unzähligen Grafik- und Soundbugs, gibt es auch einige fiese Plotstopper. So lassen sich Quests nicht beenden oder der Spieler kommt nicht an wichtige Orte weil Leitern und Treppen nicht zu bezwingen sind.

Es ist unverständlich warum ein Hersteller ein so geniales Spiel viel zu früh in den Markt wirft und damit das ganze Erlebnis kaputt macht. Anstatt eines Klassikers entsteht so eine riesige Enttäuschung. Bis die Fehler korrigiert wurden, sollte man unbedingt die Finger davon lassen. Da es mittlerweile schon einige Patches gibt, welche aber immer noch viele Probleme unbehandelt lassen, stehen die Chancen für ein fehlerfreies Spielerlebnis jedoch schlecht.


Wertungsübersicht:

System: PS4
Grafik: ( 8 / 10 )
Sound: ( 7 / 10 )
Singleplayer: ( 6 / 10 )
Multiplayer: ( - / 10 )
Spieldauer: Durchgespielt
 

Gameplay Video



Video das einige Grafikfehler und andere Probleme zeigt