Thimbleweed Park

Getestetes System: PC
Weitere Systeme: -
Kategorie: Adventure
VÖ: 30.03.2017
Entwicklungsstudio: Terrible Toybox
Publisher: Terrible Toybox
Alterseinstufung: 12+
   
Test von: Hermann
Version: (EU)
Spracheinstellung: Englisch


Beschreibung

Maniac Mansion, Zak McKracken, Indian Jones und natürlich die Monkey Island Serie haben sich großen Ruhm in den Herzen der Spieler erobert, obwohl oder gerade weil sie aus heutiger Sicht weder in Spielbarkeit und Aufmachung den modernen Point & Click Adventures das Wasser reichen können.

Aber während sie zu ihrer Zeit wirklich herausragende Spiele waren, gibt es doch mittlerweile viele Vertreter dieser Zunft die einiges deutlich besser machen. Trotzdem hängt das Spielerherz an Verbeninterface und Pixelgrafik. Thimbleweed Park will dieses Gefühl auf modernen Plattformen einfangen, ein zeitgemäßes Spiel einer vergangenen Ära. Sozusagen die Erinnerung an schöne Zeiten, aus der man alle Makel der Realität herausgesiebt hat.

Und was gibt es da spannenderes, als einen Mord in einer verschlafenen und skurrilen Kleinstadt aufzuklären.


Grafik ( 7 / 10 ):

Sofort fällt natürlich der Pixellook ins Auge. Grobe Pixelraster statt feiner Farbverläufe, Kantige Linien mit einer einzigen Zwischenfarbe als billiger Ersatz für moderne Kantenglättung. In der Erinnerung sahen Spiele damals so aus, der erste Nostalgieflash hat gezündet.

Erst auf den zweiten Blick bemerkt man dann doch die Unterschiede. Thimbleweed Park bietet deutlich mehr Details wie viele Spiele damals. Oft war ja nicht die Auflösung das Hauptproblem, sondern der Speicherplatz der Disketten. Auch ein C64 kann super Grafik darstellen, allerdings ist dann mit einem Bild der Speicher voll und kein Platz mehr fürs Spiel. Solche Kompromisse fallen auf moderner Technik natürlich weg.

Neben vielen Details gibt es deutlich mehr Animation, schon im ersten Bild fällt der Unterschied auf. Statt einem statischen Bild mit einer kleinen zwei Pixel Animation gibt es Reflexionen im Wasser, sich bewegendes Gras im Vordergrund und Scrolling in mehren Ebenen. Nicht zu übertrieben so daß es stören würde. Quasi so als wenn die Grafiker das hinzugefügt hätten, was die Erinnerung mit den alten Spielen macht.

Dazu gibt es viele abwechslungsreiche Schauplätze voller witziger und netter Details, teils mit Anspielungen vollgepackt. Schon die beiden Protagonisten sind auf den ersten Blick erkennbar, zumindest wenn man etwas Ahnung von der Kultur der damaligen Zeit hat.

Trotz, oder gerade wegen der liebevollen Pixelgrafik, fällt ein Detail sehr störend auf. In der Realität war die Grafik eben nicht so pixelig, dafür sorgte der Röhrenmonitor mit seinem nicht ganz perfekten Bild. Da wurde dann aus dem groben Pixelraster im Hintergrund dann eben doch der wunderschöne stufenlose Farbverlauf. Ganz ohne Nostalgie, einfach durch die nicht perfekte Technik.


Sound & Musik ( 8 / 10 ):

Im Gegensatz zur Grafik, ist die Musik auf der Höhe der Zeit. Keine verrauschte Klangerzeugung aus 8 oder 16 Bit Samples, geschweige den Ohrenbetäubendes PC Piepsen. Musik wie in einem Kinofilm, zahlreiche Hintergundgeräusche und gute und klar verständliche Sprecher sind Jahre weiter als das was der Grafikstil suggeriert. So viel Nostalgie muß dann eben doch nicht sein, beim Realitätscheck fällt dann der Klang einer alten AdLib Karte dann doch deutlich hinter der Erinnerung ab.

Die Sprecher gibt es allerdings nur als englische Sprachausgabe, für andere Sprachen werden nur Untertitel eingeblendet. Die deutschen sind aber von Boris Schneider Johne übersetzt, der auch schon die Übersetzungen für einige der alten Lucasfilm Spiele beigesteuert hat. Eigentlich nicht wirklich wichtig, aber eine nette Geste die das nostalgische Spielerherz anspricht.


Singleplayer ( 8 / 10 ):

Vertraut wirkt sofort die Aufteilung des Bildschirms, die obere Hälfte ist von einen Grafikfenster dominiert. Am unteren Rand ist eine Leiste mit neun Verben und einer Liste mit kleinen Grafiksymbolen die das Inventar darstellen. Also klassisch Lucasfilm Adventure eben.

Auch das Bedienkonzept ist von den Vorbildern übernommen. Mit der Maus sucht man den Bildschirm ab. Der Mauszeiger, hier noch ein Kreuz als Erinnerung daß die erste Maussteuerung eigentlich mit einem Joystick oder der Tastaturbedient wurde. ändert sich sobald er ein interessantes Objekt findet. Einen Hotkey um alle Objekt anzuzeigen gibt es nicht, wer etwas übersieht hat halt Pech gehabt. Deswegen gilt es immer gewissenhaft den Bildschirm mit dem Mauszeiger abzusuchen.

Als kleinen Gag findet der fleißige Spieler in einem der ersten Bildschirme sofort ein nur pixelgroßes Staubkorn. Ehrlicherweise muß man aber zugeben daß die Hitbox deutlich größer war, eben nicht nur einen einzelnen Pixel groß. Aber so genau will man ja dann doch nicht in die Vergangenheit. Im weiteren Verlauf findet man dann immer weitere, quasi ein staubiger Running Gag.

Typisch für Adventures sucht man den Bildschirm ab, schaut Gegenstände an und sammelt diese ein. Per Verbenleiste öffnet man Türen, redet mit Personen oder übergibt Gegenstände an diese. Kein großer Unterschied also zu heutigen Spielen, anstatt dem Kontextsensitiven zweiten Mausbutton muß man sich halt das passende Verb raussuchen.

Per Mausklick wechselt man zwischen den beiden spielbaren Agenten, ähnlich wie es schon in Maniac Mansion möglich war. Zumindest zu Beginn macht es aber wenig Unterschied mit welchem man spielt, beide haben die gleichen Fähigkeiten und auch die Gespräche mit anderen Personen verlaufen nicht unterschiedlich. Somit ist es komplett egal welchen der beiden Agenten man steuert. Später im Spiel lassen sich bis zu fünf Charaktere kontrollieren, welche dann auch unterschiedliche Dialoge bekommen. Dann lohnt sich auch der Wechsel zwischen diesen, da einige wenige Rätsel wirklich nur von einem bestimmten Charakter gelöst werden können.

Eine willkommene Abwechslung bieten die kurzen Rückblicke, welche die Geschichte einzelner Figuren erzählen. Recht schnell erfährt man vom Schicksal des Clowns Ransome. Anstatt diese einfach erzählt zu bekommen, erspielt man es sich in einer kurzen Sequenz. Trotz der wenigen Rätsel in diesen Abschnitten, sorgen sie für eine nette Abwechslung.

Die Rätsel im Spiel sind insgesamt relativ leicht, erfahrene Abenteurer sollten beim Großteil davon keinerlei Probleme haben. Oft sind sie relativ offensichtlich und nach kurzem Nachdenken zu lösen. Zum Großteil sind sie auch logisch und verzichten auf sonderbare Adventurelogik. Die Lösung ergibt sich entweder aus Gesprächen oder wenn man genau auf Gegenstände und Umgebung achtet. Kommt man doch mal nicht weiter, hilft meistens etwas rumprobieren und erneutes Ablaufen der Gegend mit den verschiedenen Personen. Meistens hat man dann etwas übersehen oder einfach einen Hinweis schon wieder vergessen. Das kann durchaus mal passieren, da das Spiel nicht streng linear ist. Hängt der Fortschritt an einer Stelle, knobelt man halt an einer anderen weiter.

Im schlimmsten Fall gibt es ein eingebautes Hilfesystem, allerdings erscheint dieses etwas unausgewogen. Der erste Tip ist noch eine einfache Erinnerung, etwa an einen vergessenen Gegenstand. Der zweite deutet aber oft schon auf die konkrete Lösung. Deswegen sollte der Versuchung widerstanden werden, zu schnell geht sonst der Spielspaß kaputt.

Und der lohnt die investierte Zeit. Fans der alten Spiele werden richtig gut bedient. Neben den spielmechanischen Qualitäten, sind die handelnden Personen und der Ort Thimbleweed Park liebevoll gestaltet. Vieles erinnert, nicht nur grafisch, an die guten alten Zeiten. Anspielungen auf Lucasfilm, deren Spiele und Schöpfer gibt es in Massen. Selbst der alte Rivale Sierra bekommt sein Fett weg, Wem das ganze zu viel und zu plump ist, kann in den Optionen den Level an Anspielungen herunterstellen. Aber ernsthaft, warum sollte man dann noch Thimbleweed Park spielen wollen?

Einige Anspielungen sind aber wirklich nicht so gut gelungen, das Mansion Mansion ist zum Beispiel eher unlustig, aber wie schon vorher angemerkt, nicht jeder Gag zündet. Dafür bekommt der alte C64 Besitzer wohlige Schauer wenn er an Maniac Mansion erinnert wird.


Multiplayer ( - / 10 ):

Nicht vorhanden.


Fazit:

Ist Thimbleweed Park eine Konkurrenz zu modernen Vertretern seiner Gattung? Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Auch wenn die Pixelgrafik und das klassische Verbenmenü eher altbacken wirken, ist die Bedienung trotzdem den heutigen kontextsensitiven Bedienkonzepten mindestens ebenbürtig. Wenn nicht sogar überlegen. Nicht alles muß auf Schaue und Benutzte reduziert sein, etwas mehr kann man dem Spieler durchaus abverlangen.

Bleibt also die Geschichte, die Rätsel und wie es sich am Ende spielt. Zumindest beim Witz kann das Spiel von Anfang an begeistern, auch wenn nicht jeder Gag zum schallenden Gelächter anregt. Vielmehr ist es die charmante Mischung aus Witz, Anspielungen auf frühere Zeiten und sich selbst auf die Schippe nehmen, die überzeugt.


Addon: Delores - A Thimbleweed Park Mini-Adventure

Eigentlich ist es kein richtiger DLC, vielmehr ist es eine kleine Dreingabe an die Fans des Hauptspiels. Deshalb läuft es auch als eigenständiges Programm. Ursprünglich als reiner Prototyp für eine neue Adventure Engine geplant, wandelte es sich im laufe der Zeit zu einem kleinen Spiel, welches Grafiken und einen der Charaktere aus Thimbleweed Park benutzt. Ein richtiges Spiel ist es aber nicht. Dazu fehlt zuviel Feinschliff, eine richtige Story und gute Grafiken. Technisch läuft es auch nicht ganz stabil.

Die Geschichte ist kurz gehalten, als kleine Abwechslung von ihrem Job als Programmiererin arbeitet Dolores als Photoreporter für den Thimbleweed Nickel. Ihre Aufgabe ist es fünf Bilder abzuliefern, dazu muß sie aus einer Beschreibung meistens nur die passende Stelle finden und ein Bild machen. Das ist relativ schnell erledigt, große Rätselnüsse muß man dabei nicht knacken. Dafür gibt es bei einem Neustart fünf neue Aufgaben, von denen es insgesamt 30 gibt. Allem in allem ein kurzer Spaß, der aber ein netter Nachtisch nach dem Hauptspiel ist.


Wertungsübersicht:

System: PC
Grafik: ( 7 / 10 )
Sound: ( 8 / 10 )
Singleplayer: ( 8 / 10 )
Multiplayer: ( - / 10 )
Spieldauer: Durchgespielt
 

Gameplay Video