Unravel

Getestetes System: Playstation 4
Weitere Systeme: -
Kategorie: Jump & Run
VÖ: 2016
Entwicklungsstudio: Coldwood Interactive
Publisher: Electronic Arts
Alterseinstufung: 6+
   
Test von: Hermann
Version: (D)
Spracheinstellung: Englisch


Beschreibung

Eine alte Dame sitzt an einem kleinen Tisch und betrachtet ein altes Foto. Um ein Fotoalbum herum verteilen sich weitere Bilder.

Als sie aufsteht und den Raum verläßt, fällt aus ihrem Strickkorb ein kleines rotes Garnknäuel zu Boden und rollt unter ein Möbelstück. Wenige Augeblicke später, klettert ein kleines Männchen aus Garn auf den Tisch.

Nach diesem Einstieg ins Spiel, werden die ganzen Hardcore Gamer und Alpha Zocker sicher gleich zum nächsten Onlineshooter wechseln. Wer aber von einem Spiel mehr erhofft als wildes Geballer und pubertäres Beleidigen, sollte am Ball bleiben. Oder, wie in diesem Fall, eher am Garnknäuel.


Grafik ( 9 / 10 ):

Wer nur auf technische Brillanz schaut, wird die Wertung für die Grafik sicherlich kaum nachvollziehen können. Weder ist Unravel ein leuchtendes Beispiel was man mit 3D Grafik machen kann, noch ist es technisch beeindruckend.

Was es aber überragend kann, ist eine wunderschöne und realistische Landschaft in klassischer zweidimensionaler Grafik darzustellen. Schon das Wohnzimmer der alten Dame ist liebevoll eingerichtet.

Auf einer Sitzbank liegt ein besticktes Kissen neben dem ein kleines Männchen aus Garn hervorklettert. Während es sich neugierig umsieht, fährt die Kamera unter der Sitzbanklehne hindurch in eine erhöhte und weiter entfernte Position. Obwohl das Spiel ein klassisches 2D Spiel ist, bekommt der Raum dadurch Tiefe und gibt den Blick frei auf weitere Details. Auf dem Tisch steht eine Blumenvase, im Hintergrund erkennt man unscharf weitere Pflanzen auf der Fensterbank.

Dieser Grafikstil zieht sich durch das komplette Spiel und erfreut den Spieler mit unzähligen Details, viele kleine Animationen hauchen der Welt das nötige Leben ein. Kaum betritt man die erste Welt durch einen Bilderahmen, steht der Spieler auf eine Wiese. Oder eher in der Wiese, da das Garnmännchen nur etwas die doppelte Höhe des Grases hat.

Licht und Schatten halten die Abschnitte abwechslungsreich, überall gibt es etwas interessantes zu sehen. Seien es kleine Käfer die im Hintergrund krabbeln, Vögel oder andere Tiere die plötzlich auftauchen. Manchmal als reine Zierde, manchmal aber auch als Bestandteil des Levels oder sogar als Gegner.

Für Abwechslung sorgen nicht nur die unterschiedlichen und tollen Schauplätze, welche schon aus der Sicht des kleinen Protagonisten faszinierend wirken. Jeder Abschnitt spielt auch zu einer unterschiedlichen Jahreszeit.


Sound & Musik ( 9 / 10 ):

Ruhige Musik mit Streichinstrumenten unterstützt hervorragend die Stimmung und schafft einen gelungenen Gesamteindruck von Bild und Ton. Die entspannte und melancholische Stimmung der Grafik wirkt dadurch viel intensiver.

Die Soundeffekte halten sich dezent zurück, nur an wenigen Stellen treten sie in den Vordergrund. Meistens wird damit effektvoll auf eine bedrohliche und besondere Situation hingewiesen.

Sprachausgabe gibt es keine, die Geschichte wird fast komplett durch die Musik und die hervorragende Grafik dargestellt. Nur im Fotoalbum gibt es einen einleitenden Satz des Sprechers zu jedem Kapitel.


Singleplayer ( 10 / 10 ):

Die Geschichte die erzählt wird, ist auch keine besondere, kein Drama oder besonders spannende Szenen werden geboten. Es geht eher darum die Erinnerungen anhand der alten Fotos nachzuzeichnen. Viel davon passiert dann auch in den Gedanken des Spielers.

Im Gesamten spiegelt das Spiel eine besondere und nachdenkliche, aber auch besondere Stimmung auf den Spieler. Ob der sich darauf einläßt oder nicht, bleibt aber jedem selbst überlassen.

Denn auch von der Spielmechanik braucht sich Unravel nicht zu verstecken. In den ersten Spielabschnitten wird schrittweise die Spielmechanik eingeführt. Der kleine Held läuft von rechts nach links durch den Spielabschnitt. Hinter sich zieht er einen Faden her, der sich langsam abwickelt. Nach einer gewissen Strecke besteht die Spielfigur nur noch aus wenig Garn und kann irgendwann nicht mehr weiter.

Abhilfe schaffen die anfangs zahlreichen Checkpunkte aus Garnresten. Sobald man diese passiert, wickelt sich das Garn um den Helden und verlängert so seine Reichweite.

Ist noch Garn vorhanden, kann der Spieler ein Lasso werfen das sich an leuchtend markierten Punkten befestigen läßt. Solange die rechte Schultertaste gedrückt bleibt, sind Garn und der Ankerpunkt verbunden. Über Tastendruck kann das Garn auch dauerhaft verknotet werden.

Höherliegende Punkte können so erreicht werden oder man kann sich daran wie Tarzan an der Liane schwingen um weiter entfernte Punkte zu erreichen. Verbindet man zwei nebeneinanderlegende Punkte, bildet das Garn ein Trampolin um höher zu springen. Oder es dient als Brücke über welche auch Gegenstände gezogen werden können.

Zuerst braucht man diese nur als Kletterhilfe, später im Spiel dienen sie als Schutz oder setzen ganze Mechanismen in Gang. Mit jedem Spielabschnitt werden die Rätsel komplexer, im letzten Drittel muß schon etwas herumprobiert werden um auf die Lösungen zu kommen. Vor allem wenn das ganze unter Zeitdruck passiert.

Wer in den linearen Levels sich Zeit nimmt und etwas herumsucht, findet pro Abschnitt fünf mehr oder weniger versteckte Geheimnisse die wie kleine Münzen aussehen. Manche sind relativ einfach zu finden, Ankerpunkte die zum Vorrankommen nicht nötig sind verraten diese. Gerade am Anfang sind diese oft einfach in den Baumwipfeln versteckt, nur etwas abseits des Hauptweges. In späteren Abschnitten ist es oft aber schwer diese zu finden und an sie heranzukommen. Schnell kann man sich auch den Weg dahin verbauen.

Auch die Sprungpassagen entwickeln sich von einfach im ersten Abschnitt zu schwer, hektisch und unter Zeitdruck gegen Ende. Teilweise muß man auch erstmal rausfinden wie man weiterkommt, was schon mal einige Versuche erfordert wenn man nur wenige Sekunden hat um die Lage zu erkunden.

Richtig schwer wird das Spiel aber nie, erfahrene Spieler sollten an keiner Stelle mehr wie fünf bis zehn Versuche brauchen. Unerfahrene Spieler werden aber wohl ab dem letzten Viertel frustriert aufgeben, da dann doch etwas Geschick gefordert wird. Einen einstellbaren Schwierigkeitsgrad gibt es nicht.


Multiplayer ( - / 10 ):

Nicht vorhanden.


Fazit:

Unravel ist ein besonderes Spiel. Auf dem ersten Blick ist es einfach nur ein Jump & Run mit einem putzigen Hauptcharakter, aufgelockert durch einige Rätselaufgaben. Wer nicht mehr darin sehen will, wird auch schon sehr gut bedient.

Läßt sich der Spieler aber auf die besondere Stimmung ein, wird er mit einer faszinierenden Reise durch ein gesamtes Leben belohnt, welches sich vor allem im Geist und im Herzen des Spielers entwickelt.


Wertungsübersicht:

System: PS4
Grafik: ( 9 / 10 )
Sound: ( 9 / 10 )
Singleplayer: ( - / 10 )
Multiplayer: ( 10 / 10 )
Spieldauer: Durchgespielt
 

Gameplay Video